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Pflanzengesellschaften

Alle Pflanzen haben ihren «Standort». Sie stellen ganz bestimmte Ansprüche an die Gesamtheit der ökologischen Bedingungen eines Lebensraums wie Klima, Geologie, Bodenbildung, Wasser und Nährstoffversorgung.

Pflanzen mit vergleichbaren Ansprüchen finden sich meist gemeinsam und bilden eine «Pflanzengesellschaft», zusammen mit Tieren und Mikroorganismen eine Lebensgemeinschaft. Die Pflanzengesellschaften werden benannt, beschrieben nach Artenzusammensetzung und nach den dort wirkenden ökologischen Faktoren.

In den Alpen sind viele Lebensräume noch weitgehend so erhalten, wie sie sich über Jahrhunderte hinweg entsprechend den natürlichen Gegebenheiten und unter dem Einfluss der traditionellen Alpwirtschaft entwickelt haben, während jene im Flachland sehr stark verändert wurden.

Blaugrashalde

Sehr blumen- und artenreiche steile Südhänge über hartem Kalkgestein an der Waldgrenze. Pflanzendecke nicht geschlossen, sondern mit groben Steinen durchsetzt. Oft etwas stufig, weil Blaugras und Horst-Segge den Schutt stauen. Wird kaum alpwirtschaftlich genutzt.

An Steilhängen in stark besonnter Südlage trifft man auf Kalkunterlage die Blaugrashalde an, den wohl artenreichsten Rasen der unteren alpinen und der subalpinen Stufe. Auf einem Quadratmeter dieser Pflanzengesellschaft kann man über 50 Blütenpflanzenarten finden. Charakteristisch ist die treppige Ausbildung: Die Horste von Blaugras und Horstsegge (Sesleria caerulea und Carex sempervirens) stauen den feinen Schutt und schaffen so kleine Stufen.

Der Boden ist sehr steinig, wie der helle Kalk zeigt, der aus dem lockeren Rasen hervorleuchtet; er trocknet schnell aus. Die typischen Pflanzen dieses Wildrasens haben deshalb einen guten Schutz gegen zu starke Verdunstung, z.B. dichte Behaarung (Edelweiss, Leontopodium alpinum), dicke, als Wasserspeicher funktionierende Blätter mit sehr kräftigem Wachshäutchen (Dach-Hauswurz, Sempervivum tectorum), eingerollte Blätter, deren Spaltöffnungen bei Trockenheit in einem abgeschlossenen Raum geschützt sind (Erika, Erica carnea).

Rostseggenhalde

Blumen- und artenreiche steile Wiesen, an eher ost- und nordexponierten Steilhängen an der Waldgrenze. Viele Blumen, oft versteckt unter den lang herabhängenden Blättern der Rost-Segge und von Gräsern. Kalk- und tonhaltiger Boden gewährleistet eine gute Wasserversorgung. Wurde oft als Wildheumähder genutzt, wird heute teils nur noch von Liebhabern gepflegt.

Grasreiche, üppige Wildrasen an steilen Hängen werden häufig von der Rost-Segge beherrscht. Ihre Blätter hängen, vermischt mit jenen anderer Scheingräser und Gräser, oft wie gekämmt den Hang herab. Der Boden ist kalkhaltig und lehmig, er trocknet kaum je stark aus und ermöglicht ein üppiges Wachstum für viele verschiedene Arten. Zur Beweidung sind die Hänge zu steil, als Heuwiesen jedoch produktiv. Sie wurden früher regelmässig genutzt. Da heute die Wildheumahd nur noch ausnahmsweise ausgeübt wird, besteht jetzt die Gefahr der «Vergandung». Der Teppich von Grasblättern kann dabei als Rutschbahn für Lawinen dienen, deren Häufigkeit also steigt. Anderseits ist es auch möglich, dass der Schnee an den Gräsern festfriert und bei genügend dicker Schicht mitsamt der Grasnarbe abrutscht. Hier ist die Folge ein Erosionsanriss, der sehr schwer zu sichern oder gar zu heilen ist. Das Wegfallen der gewohnten Nutzung kann in solchen Fällen zur Zerstörung der Landschaft führen.

Milchkrautweide

Saftig grüne Weide auf schwach geneigten Hängen, mit vielen Grasarten und vielen Kräutern, zeitweise sehr blumenreich. Hier wächst das gute Futter der Alpweiden. Tiefgründiger, tonreicher Boden mit guter Wasserversorgung. Meist jährliche Düngung mit Mist. Wird regelmässig intensiv durch Grossvieh beweidet.

Diese saftig grüne, dicht geschlossene Weide gibt dem Vieh das beste Futter. Sie wächst auf tiefgründigen, nährstoffreichen Böden mit gutem Wasserhaushalt, meist auf den flacheren Partien der Alpen. In ihrer Nähe stehen die Alphütten, was die regelmässige Düngung mit Mist und Jauche ermöglicht. Die Bestände sind weniger artenreich als etwa Blaugras- oder Rost-Seggenhalden, und meist dominieren die Gräser im recht produktiven Rasen. Wenn jedoch Braun-Klee, behaartes Milchkraut und Gold-Pippau kurze Zeit vor der Beweidung blühen, ist auch hier reichlicher Blumenschmuck zu finden.

Borstgrasweide

Weide an flachen Hängen, aus niedrigen Gräsern, mit mehreren bunt blühenden Kräutern. Das Borstgras dominiert auf saurem, übernutztem, nährstoffarmem Boden. Seine Blattspitzen sterben schon früh im Sommer ab, deshalb wirkt es etwas vergilbt. Wird regelmässig von Gross- oder Kleinvieh beweidet.

Das Borstgras, der Fax, wie ihn die Älpler nennen, wächst in dichten Horsten mit sehr zähen Blättern, die auch von Schafen nicht gern und nur jung gefressen werden. Es bildet den niedrigen, mageren Rasen auf nährstoffarmen, sauren Böden. Das Vieh sucht zwischen den drahtigen Borsten die verschiedenen Weidekräuter heraus und fördert so indirekt das «Weideunkraut». Die Borstgrasweide ist nicht produktiv. Sie kann aber an günstigen Stellen, d.h. auf nicht zu armer geologischer Unterlage, durch Kalkung und Düngung in eine Milchkrautweide zurückverwandelt werden, wie die Versuche von Dr. Lüdi in der Umgebung des Alpengartens gezeigt haben (siehe Versuchsfeld Lüdiweide).

Wird sie nicht mehr beweidet, dringen anspruchslose Zwergsträucher ein, z.B. Heidel- und Moorbeere, Heidekraut, Alpen- azalee, Alpenrose usw., und wandeln die Magerweide in eine Zwergstrauchheide um, in die mit der Zeit sogar Waldbäume eindringen können, falls der Bestand unterhalb der Waldgrenze liegt. Auf armer geologischer Unterlage ist die Borstgrasweide weit verbreitet und zeugt zum Teil von früherer Übernutzung. Für das Auge ist diese Weide zeitweise sehr ansprechend, es blühen darin auch mehrere geschützte Arten.

Windecke

Windexponierte Gratrücken, wo im Winter der Schnee nur kurze Zeit liegen bleibt. Pflanzen müssen hier im Winter die tiefen Temperaturen ohne Isolation ertragen, ebenso die starke Verdunstung im Sommer. Als Wildweide besonders im Hochwinter wichtig, wenn sonst die ganze Landschaft von Schnee bedeckt ist.

Hier beherrscht ein mikroklimatischer Umweltfaktor die Vegetation: Ein ständiger, heftiger Wind beansprucht die Pflanzen mechanisch und erhöht die Wasserabgabe der Blätter an die Luft. Viele Arten weisen deshalb harte, ledrige Blätter auf, die nur auf der eingerollten Unterseite Spaltöffnungen besitzen und auch sonst gegen Verdunstung gut geschützt sind, wie etwa die Alpenazalee (Loiseleuria procumbens).

Im Winter fegt der Wind den Schnee weg, trocknet auch Boden und Pflanzen stark aus und schleift mit den Schneekristallen wie ein Sandstrahlgebläse die Pflanzen ab. Sie müssen deshalb in jeder Hinsicht ausserordentlich widerstandsfähig sein: Im Winter sind sie nachts sehr tiefen Temperaturen ausgesetzt, da keine Schneedecke sie schützt. Tagsüber, bei Sonnenschein, können sie jedoch auch im tiefsten Winter auftauen, während die Wassernachlieferung aus den tieferen, gefroren bleibenden Bodenschichten nicht funktioniert.

Kalkschutthalde

Ständig in Bewegung befindliche Schuttflächen unter Felswänden. Die Wasserversorgung ist nur für Pflanzen mit tiefen Wurzeln möglich. Viele, teils auch seltene Arten, mit auffällig gefärbten Blüten. Die Pflanzen müssen leicht regenerieren, die Dehnung der Wurzeln ertragen und Verletzungen der Blätter überleben können.

In einer Schutthalde ist an der Oberfläche die Feinerde ebenso selten wie an Felswänden. Die Pflanzen brauchen zur Deckung ihres Wasserbedarfs ein ausgedehntes Wurzelsystem, das bis zur ständig feuchten Feinerde in der Tiefe reicht. Zudem wird aber die Vegetation beansprucht durch häufige mechanische Beschädigungen der Sprosse durch Steinschlag und der Wurzeln durch langsame Abwärtsbewegung der oberen Schuttschichten. Verschiedene Arten sind diesen Bedingungen gut angepasst. Sie bilden auf den aus Distanz ganz kahlen Steinwüsten eine zierliche, lockere Pflanzendecke und verblüffen zur Blütezeit durch ihre zum Teil auffallenden, leuchtend gefärbten Blumen.

Im Alpengarten wurde der Kalkschutt künstlich aufgeschüttet. Zur Erhaltung des Bestandes fehlt die mechanische Beanspruchung. Eine sorgfältige Pflege muss deshalb dafür sorgen, dass die Rasenpflanzen der Umgebung nicht überhandnehmen.

Kalkfels

Sieht aus Distanz kahl und unbewachsen aus. Die vielen, teils unscheinbaren Pflänzchen dringen mit den Wurzeln in feine Ritzen und Spalten und sind an diesen Standort ausgezeichnet angepasst. Die Pflanzen sind dem Wind und der Sonnenstrahlung sehr ausgesetzt, die Wurzeln jedoch sind in den Spalten vor der Verdunstung geschützt.

Die Zusammensetzung der Vegetation auf Fels ist sehr stark beeinflusst von der chemischen Beschaffenheit und dem Verwitterungszustand des Gesteins. Sogar die Lage der Schichten spielt eine Rolle. Je nach diesen Verhältnissen überwiegen Fels-, Schutt- oder Rasenpflanzen. Typische Arten der Felsen, wie etwa die Aurikel (Primula auricula), sind Pioniere mit langen Wurzeln, die tief in enge Spalten dringen und dort auch in langen Trockenperioden noch etwas Wasser vorfinden können. Die grossen, glatten Blätter der Flühblumen enthalten für den Winter Reservestoffe, die im Frühling die zeitige Blüte erlauben. Im Sommer können sie in den schleimerfüllten Zellen Wasser speichern, um kürzere, intensive Trockenzeiten zu überdauern. Die Spaltöffnungen an der Blattoberfläche sind allerdings ganz offen, ohne besonderen Schutz. Auch das Wachshäutchen ist nur schwach entwickelt. Hier wirken offenbar der Verdunstung vor allem physiologische, innere Anpassungen der Pflanze entgegen, während die äusserlich sichtbaren weniger wirksam sind.

Zwergstrauchheiden

Bis etwa 30 Zentimeter hoch werdende Sträucher. Je nach Bodenart und -aufbau wachsen verschiedene Arten. Knospen und Früchte werden gern von Birk-, Auer- und Schneehühnern gefressen. Von Menschen werden vor allem Heidelbeeren gern gesammelt.

Ohne die jahrhundertelangen Einwirkungen der Alpweide auf die Vegetation wäre der grösste Teil der Schynige Platte wahrscheinlich von verschiedenen Zwergsträuchern bewachsen. Vor allem auf den tiefgründigen, wenig geneigten Böden, die heute von Milchkraut- und Borstgrasweide bedeckt sind, hätten sich im Laufe der Zeit mächtige Schichten von Rohhumus gebildet, bewachsen mit Heidel-, Preisel- und Moorbeere, vermischt mit rostblättriger Alpenrose. Dazwischen kämen kümmerliche Fichten und vielleicht auch einige Bergföhren hoch. Heute sind die Zwergstrauchbestände auf die exponierten Kanten und Steilhänge zurückgedrängt, wo das Vieh nie weiden konnte. Die Vorkommen der Silberwurzspaliere und der bewimperten Alpenrose im Alpengarten entsprechen ganz ihren Umweltansprüchen. Sie sind vom Menschen nur wenig beeinflusst. Man findet die rostblättrige Alpenrose auf sauren Rohhumuspolstern, die Silberwurz auf flachgründigen, steinigen, feinerdearmen Böden über einer Kalkunterlage, die bewimperte Alpenrose dagegen besonders auf ansehnlichen Humuspolstern im Kalkblockschutt und in Karrenfeldern. Im Alpengarten besiedelt sie die flachen Stufen der Kalkfelsen.

Grünerlengebüsche

Nordexponierte Lawinenzüge und Steilhänge unter Felsen werden von Grünerlen besiedelt. Diese festigen den Boden, versorgen ihn mit Stickstoff und wirken erosionshemmend. Grünerlen können aber auch nicht genutzte Alpweiden überwuchern. Dadurch nimmt die Biodiversität ab, und die Böden versauern.

Grünerle und Legföhre sind die beiden Gehölze, die auch auf Lawinenhängen wachsen können. Der Schnee drückt die elastischen Stämme flach auf den Boden, die Lawinen können darüber hinweggleiten, ohne ihnen zu schaden, sie richten sich wieder auf zu ihrer typischen, aufsteigenden Form. Zur Lawinenverbauung eignen sie sich also wenig, jedoch wird der Boden von den Wurzeln fest zusammengehalten. So verhindern die Sträucher die Erosion an den von ihnen besiedelten Steilhängen.

Die Grünerle hat an ihren Wurzeln Knöllchen, die Strahlenpilze (Aktinobakterien) enthalten. Diese sind fähig, Luftstickstoff zu binden und für die höheren Pflanzen verfügbar zu machen. Dadurch gewinnt die Erle als Pioniergehölz an Bedeutung. Sie kann auch nährstoffarme Böden direkt besiedeln und sogar mit Stickstoff anreichern. Im Unterwuchs der Grünerle findet man deshalb Zeigerpflanzen für nährstoffreiche, gute Böden. Es sind weitgehend die gleichen Arten wie in den Hochstaudenfluren mit wenigen Akzentverschiebungen und einigen zusätzlichen Pflanzen, so etwa dem Heilglöckchen und der Alpenakelei (Cortusa matthioli, Aquilegia alpina).

Hochstaudenflur

Die gleichen Stauden, die unter Grünerlen gut wachsen, gedeihen auch allein in Muldenlagen, an Lawinenhängen und am Fuss von Felsen, wo Nährstoff- und Wasserversorgung sehr gut sind. Schnee bleibt dort längere Zeit liegen, darauf sammelt sich Staub und liefert den Dünger für die wüchsigen Pflanzen.

In feuchten, schattigen Runsen, in Senken und an ähnlichen Stellen, wo im Lauf der Zeit Feinerde tiefgründig zusammengeschwemmt wurde, wächst die typische Hochstaudenflur. Es handelt sich oft um natürlicherweise waldfreie Stellen unterhalb der Waldgrenze. In verarmten Beständen findet man sie auch höher, bis über 2200 Metern über Meer.

Die Nährstoffversorgung ist reichlich, deshalb ist die Vegetation sehr produktiv. In einem kurzen Bergsommer wachsen die gut meterhohen, mastigen Stauden auf, blühen und fruchten. Im nächsten Frühjahr, bald nach der Schneeschmelze, findet man von all der üppigen Pracht nichts mehr. Höchstens einige dicke Stängel liegen noch flach gedrückt am Boden. Dazwischen stossen Soldanellen und Schlüsselblumen und die jungen, oft fast blumenartig rot gefärbten Schosse der Hochstauden.

Im Alpengarten wurden die meisten Hochstauden angepflanzt und gedeihen an den passenden Stellen sehr gut.

Lägerflur

Um die Alphütten oder an anderen Stellen, wo Vieh oder Wild sich für längere Zeit aufhält, reichern sich Nährstoffe an. Hier bilden sich Bestände an schnellwüchsigen und vom Vieh verschmähten Pflanzen und halten sich über viele Jahre, solange der Dünger nicht ausgewaschen ist.

Eine charakteristische Pflanzengesellschaft aus mastigen, schnellwüchsigen, oft grossblättrigen, vom Vieh meist verschmähten Stauden finden wir auf überdüngten Plätzen rings um Alphütten. Auch andere Stellen, wo Vieh und Wild längere Zeit liegen und wiederkäuen, also flache Kuppen, auf denen die Sommerhitze durch den Wind gemildert wird, oder Mulden, in welchen die Tiere bei schlechtem Wetter etwas Schutz finden, zeigen die gleiche «Läger»-Vegetation. Hier wird der Dünger im Übermass abgelagert und fehlt dem eigentlichen Weidegebiet, ganz besonders den in grösster Entfernung von den Hütten liegenden Borstgrasweiden, die vom Älpler oder von der Älplerin nicht mit Mist versorgt werden können. Im Alpengarten muss das Läger regelmässig gedüngt werden, damit der Boden den notwendigen Überschuss an Stickstoff behält. Andernfalls gehen die typischen Lägerpflanzen, besonders die Ampferarten, zurück und werden von Arten verdrängt, die weniger Nährstoffe beanspruchen.

Urgesteinsfeld

Alle hier vorhandenen Pflanzenarten stammen aus den Zentralalpen mit ihren sauer verwitternden Gesteinen. Auf den kalkhaltigen Böden der Schynige Platte kommen sie nicht natürlich vor. Das ganze Feld wurde mit Steinen und Boden aus dem Grimselgebiet künstlich angelegt.

Die meisten Pflanzen wachsen in der Natur nur auf bestimmten Böden. So gibt es Arten, die man nur auf kalkhaltiger, neutraler Unterlage findet. Sie sind im Gebiet der Schynige Platte häufig. Eine andere Gruppe gedeiht auf kalkfreien Böden. Diese Arten fehlen deshalb hier weitgehend. Sie könnten zum Teil wachsen, wenn sie sorgfältig gegen die Konkurrenz der besser angepassten geschützt würden. Teilweise ertragen sie jedoch gar keinen Kalkgehalt im Boden. Um auch diese «Silikatpflanzen» im Alpengarten zeigen zu können, holte man Gesteinsblöcke und Erdmaterial aus dem Grimselgebiet und schuf daraus das «Urgesteinsfeld». Hier wurden die schönen Blumen aus den Granitmassiven der Zentralalpen vom Wallis bis nach Graubünden angepflanzt; sie sind jetzt z.T. in der typischen Vergesellschaftung zu sehen. Im Alpengarten wurden Gesellschaften künstlich angelegt, ohne dass sie bereits typisch ausgebildet wären.

Schneetälchen

Besondere Bedingungen herrschen an Lagen, wo der Schnee im Frühling lange liegen bleibt. An Stellen, wo sich Wechten bilden oder wo sich Lawinenschnee sammelt, dauert die Vegetationszeit in manchen Jahren weniger als acht Wochen. Pflanzen müssen deshalb sehr schnell blühen und fruchten.

Schneetälchenvegetation findet man an Stellen, wo der winterliche Schnee bis weit in den Sommer liegen bleibt, sei es, weil durch Lawinen viel Schnee angehäuft, weil durch den Wind mächtige Wechten angeweht oder weil durch fehlende Sonneneinstrahlung in schattigen Mulden die Schneeschmelze stark verzögert wurde.

Bei einer minimalen Aperzeit von etwa acht Wochen können sich speziell angepasste Blütenpflanzen entwickeln, während äusserst genügsame Schneebodenmoose mit noch etwas kürzeren Sommern auskommen.

Die Schneetälchenvegetation ist stark beeinflusst vom Gestein. Es gibt Kalk- und Silikatschneetälchen. Das Letztere ist überall dort anzutreffen, wo sich über Kalkgestein eine genügend mächtige Bodenschicht bilden konnte oder wo das Gestein selbst nur wenig Kalzium enthält. Es ist also häufiger anzutreffen als das Kalkschneetälchen, wo der Kalk an die Bodenoberfläche kommt. Im Alpengarten gibt es keine Stellen, die genügend lang vom Schnee bedeckt bleiben. Deshalb breitet man seit 2010 mit gutem Erfolg früh im Frühling auf den verbliebenen Schnee ein Gletschervlies aus, um die Schneeschmelze hinauszuzögern.

Alpines Flachmoor

Auf langfristig wassergesättigten Böden, insbesondere in abflusslosen Mulden, können sich Moore entwickeln. Je nach Qualität des Wassers und der Dauer der Durchnässung kann die Vegetation sehr artenreich sein. Im Alpgebiet werden grosse Moorflächen häufig zu intensiv beweidet, wodurch die seltenen, meist trittempfindlichen Pflanzenarten verschwinden.

In der alpinen Stufe mit ihren hohen Niederschlagsmengen findet man viele vernässte Stellen, die, wie die Moore und Sümpfe der montanen Stufe, besondere Arten aufweisen. Häufig sind solche Plätze am Alpenrand auf Flysch und in den Zentralalpen auf schieferigen Gesteinen anzutreffen.

Auf den harten Kalken der Schynige Platte sind Vermoorungen selten. Im Alpengarten fehlen sie von Natur aus ganz, es gibt keine Mulden, in welchen sich das Wasser sammeln könnte. Um trotzdem einen Eindruck der reichen Nassvegetation der Alpen geben zu können, wurden Mulden ausgehoben, mit einer Kunststofffolie abgedichtet und mit Moorerde aufgefüllt. Die Folie zieht sich ein Stück weit am Hang aufwärts, so ist es möglich, Wasser zu sammeln.

Eine Reihe schöner Arten kann man bewundern, wobei allerdings im Alpengarten, wie überall, die Sauergräser und Binsen den grössten Teil ausmachen, während die auffällig blühenden Arten in der Minderzahl sind. Das Regime des Wasserstandes bleibt schwierig, es hängt auch vom Niederschlag und der Temperatur ab.

Heilpflanzen

Unter den Alpenpflanzen gibt es viele Arten, die wegen der Wirkung ihrer Inhaltsstoffe in der Volks- oder Schulmedizin genutzt werden. Die Pflanzen sind zum Teil giftig und nur mit entsprechenden Kenntnissen vorsichtig anzuwenden. Heilpflanzen kommen in fast allen Pflanzengesellschaften vor.

Eine ganze Anzahl Alpenpflanzen wurden – und werden teilweise heute noch – offiziell in der Schulmedizin oder in der Volksmedizin verwendet. Einzelne sind gefährliche Giftpflanzen, deren Wirkstoffe nur in der von einem Arzt verordneten richtigen Dosierung heilen, wie etwa der Eisenhut, der das starke Alkaloid Aconitin enthält. Andere sind aromatische Kräuter, die zu Tees und Alkoholextrakten verwendet werden. Bei einigen schlossen frühe Naturbeobachter von der Blatt- oder Wurzelform auf das zu heilende Organ. Bei vielen Pflanzen sind jedoch die Wirkstoffe wohlbekannt. Zu den in der Volksmedizin gesuchten Arten gehören unter anderen Silbermantel, Gelber und Purpur-Enzian, grosse Sterndolde, Katzenpfötchen, Isländisch Moos sowie die nach der Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz in der ganzen Schweiz geschützten alpinen Edelrauten.

Die Anpflanzungen im Alpengarten zeigen, wie schwierig es in der alpinen Stufe ist, eine Pflanze zu kultivieren, wenn die Umweltbedingungen nicht genau passen.

Die Riviera

Die «Riviera» ist den Pflanzen aus den südlichen Gebieten der Schweiz gewidmet. Anders als in den meisten übrigen Gebieten des Alpengartens sind die Arten hier nicht nach ihrem Lebensraum platziert, sondern nach ihrer biogeografischen Herkunft. Wenn Pfingstrosen und Affodil im Hochsommer in Blüte stehen, kommt in diesem Teil des Gartens richtige südliche Stimmung auf, obschon wir uns in der alpinen Stufe befinden.

Die Pflanzenwelt südlich der Alpennordflanke unterscheidet sich in ihrer Zusammensetzung erheblich von der Flora, wie wir sie in der Umgebung der Schynige Platte finden. Selbstverständlich gibt es ebenfalls grosse Unterschiede zwischen der Walliser und der Tessiner Flora, aber viele Arten der südlichen Schweiz haben gemeinsam, dass sie mehr Wärme benötigen. Der wärmste und geschützteste Teil des Gartens erlaubt, dass in der «Riviera» eine Auswahl von Pflanzen aus den östlichen und westlichen Zentralalpen und den Südalpen präsentiert werden kann. Sogar die Pfingstrose blüht hier auf rund 2000 Metern über Meer, wenn der Sommer mild genug ist. Verschiedene Arten, die hier gezeigt werden, konnten die Eiszeiten in den eisfreien Gebieten der Süd- und Zentralalpen überdauern, vermochten sich aber am Ende der Eiszeit nicht in weitere Gebiete ausbreiten. Wer sich mit der Flora der biogeografisch äusserst interessanten Gebiete Wallis, Tessin und Graubünden auseinandersetzen möchte, findet in der «Riviera» eine umfassende Sammlung an speziellen Arten dieser Regionen.


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